 
            ADAM Audio H200 – preisgünstiger Kopfhörer mit Lautsprechersimulation für jedermann?
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Die Welt der Kopfhörer hat seit Eugen Beyers Erfindung des dynamischen Treibers im Jahr 1937 keine radikalen Veränderungen erlebt. Sicher, es gab schrittweise Verbesserungen – bequemere Designs, leichtere und steifere Membranen, stärkere Magnete und eine geringere Impedanz für einen leichteren Antrieb. Dank der chinesischen Fertigung konnten wir sogar die Kosten niedrig halten, ohne die Qualität zu beeinträchtigen.
Aber die Kerntechnologie? So ziemlich dieselbe.
Man könnte meinen, kabellose Ohrhörer seien der letzte Schrei, aber Profi-Audio-Fans? Die kaufen sie nicht. Musikproduzenten können die Latenz von über 20 ms und den Aufwand des täglichen Aufladens nicht ertragen. Was ihnen wirklich wichtig ist, ist das Herzstück des Monitorings: Genauigkeit.
Überraschenderweise haben die großen Namen der Profi-Audiobranche – Sennheiser, Beyerdynamics und AKG – hier den Anschluss verpasst. Deshalb ist ein ganzer Markt für Kopfhörerkalibrierungssoftware entstanden. Die Nachfrage ist so groß, dass es im professionellen Bereich bereits fünf große Anbieter gibt, ganz zu schweigen von der Vielzahl an Optionen für Endverbraucher.
Aber jetzt wird es interessant.
Die Studiomonitor-Community hat sich endlich dazu entschlossen, die Kopfhörer-Party zu sprengen und sorgt für frischen Wind. Erst letzten Monat Genelec hat den 8550A herausgebracht. Und jetzt hat ein weiterer Anbieter seinen Hut in den Ring geworfen. Natürlich konnten sie nichts von Genelecs Plänen wissen, aber stellen Sie sich vor:
Laut ihrem offiziellen Video sind diese ADAM H200 Kopfhörer bereits seit gut fünf Jahren in Arbeit.
Offizielle Website: https://www.adam-audio.com/headphones/h200/
Erinnert ihr euch noch an ADAMs ersten Vorstoß in die Kopfhörerbranche mit dem SP-5? Einige von euch, die schon länger dabei sind, bestimmt schon.
Ich vermute, dass ADAM Pläne für einen „SP-3“ oder vielleicht sogar einen „SP-7“ hatte. Fakt ist aber: Der SP-5 wurde eingestellt. Warum, fragt ihr euch? Nun, Gerüchten zufolge gibt es bei ihrem Produktionspartner Ultrasone Anzeichen für Veränderungen im Geschäft.
Seit Anfang 2024 gibt es auf der Facebook-Seite von Ultrasone keine Produkt- und Aktivitätswerbung mehr. Und wenn man versucht, die langjährige Website Ultrasone.com aufzurufen, landet man auf einer rein deutschen Website. Höchstwahrscheinlich wurde das Unternehmen bereits verkauft.
Das ist eine kleine Überraschung in der Audiowelt, nicht wahr? Das zeigt, wie selbst die Großen in Branchenumbrüche verwickelt werden können.

Nun zurück zum neuen H200-Modell.
Zunächst einmal das Aussehen – diesmal haben sie sich für ein schlankeres Design entschieden. Wenn Sie die modularen AIAIAI-Kopfhörer gesehen haben, die wir vor einiger Zeit getestet haben, werden Sie vielleicht eine gewisse Ähnlichkeit erkennen. Aber der Clou? Sowohl die Ohrpolster als auch das Kopfband wurden verstärkt. Meine Vermutung? Diese Neulinge werden deutlich angenehmer zu tragen sein als die alte SP-5.
Sieht so aus, als hätte sich ADAM Notizen zum Tragekomfort gemacht.

Gut, tauchen wir in die Details des H200 ein.
Zunächst einmal: ADAM hat sich an ein geschlossenes Design gehalten. Wir haben 40-mm-Treiber mit einer Impedanz von 32 Ω im Blick.
Die Membran besteht aus PEEK (Polyetheretherketon für alle Wissenschaftsfans). Es ist robust genug, um Metall in leichten Lagern und Getrieben zu ersetzen.
Beim Frequenzgang glänzt ADAM besonders. Der Frequenzbereich liegt laut Hersteller bei 2 Hz bis 23 kHz mit einer Grenze von -3 dB. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen Kopfhörerhersteller gesehen habe, der seine Messgrenzen angegeben hat. Normalerweise halten sie das geheim.
Ehrlich gesagt: Ohne diese Messgrenzen würden die meisten Lautsprecherhersteller einfach von „Frequenzbereich“ statt von „Frequenzgang“ sprechen.
Sie haben sogar beim maximalen Schalldruckpegel (SPL) noch einen Schritt weiter gegangen. Er wird mit 112,5 dB angegeben, und sie haben sogar die Testbedingungen spezifiziert: @1 kHz + 0,04 % THD. Das ist für mich in der Kopfhörerwelt ein Novum. Selbst viele Lautsprecherhersteller gehen nicht so ins Detail. Kein Wunder, dass der Schalldruckpegel unter Kennern als das größte Mysterium der Lautsprecherbranche gilt.
Und nicht zuletzt die Empfindlichkeit. Wir sprechen von 97,5 dB/mW, was im Grunde bedeutet, dass Sie diese Lautsprecher problemlos direkt von Ihrem Smartphone aus ansteuern können. ADAM ist hier eindeutig auf dem neuesten Stand.

Okay, der H200 wirkt zunächst wie ein ganz normaler Monitorkopfhörer. Doch jetzt wird es richtig interessant: Die dazugehörige Software hebt ihn von anderen ab.
Hier kommt das ADAM Headphone Utility.
Uns ist aufgefallen, dass dieses einzigartige Plug-in gemeinsam von ADAM und Sonnox entwickelt wurde. Für alle, die es noch nicht wissen: Sonnox ist eine große Nummer in der Plug-in-Welt. Audioprofis vertrauen diesen Jungs. ADAMs Mutterkonzern Focusrite hat sie 2022 unter Vertrag genommen. Heute sind sie eine große, glückliche Audiofamilie.
Dieses Plugin bietet zahlreiche Optionen. Hier eine Übersicht:
Zuerst gibt es die Einstellungen für das Material der Ohrpolster. Das ist ziemlich clever: Lederpolster dichten tendenziell besser ab und verstärken den Bass, während Velours etwas Schall entweichen lässt und ihn reduziert. Ich persönlich bin ein Velours-Fan, aber Achtung: Laut ADAM müssen Velours-Polster separat erworben werden.
Dann gibt es noch die Einstellung „Pure/UNR“ (auch bekannt als „Voicings“). Betrachten Sie es als „OEM-EQ“. Wenn Sie schon einmal mit ADAM-Lautsprechern gespielt haben, werden Sie es wiedererkennen. „Pure“ ist für Präzision, „UNR“ für guten Klang. Manchmal ist das nicht dasselbe, oder?
Und hier ist noch ein Trick – eine Einstellung namens „Externalisierung“. Das ist mir neu. Laut ADAM auf der Website ähnelt es der „Crossfeed“-Technologie von Sound Performance Lab (SPL). Wenn Sie unseren Videotest des SPL Phonitor 3 vom letzten Monat gesehen haben, wissen Sie, wovon ich spreche.
Kurz gesagt: Ziel ist es, Ihre Kopfhörer mehr wie Lautsprecher klingen zu lassen.

Okay, sprechen wir das Offensichtliche an. Der H200 ist nicht perfekt:
- Keine ausgefallene, detaillierte EQ-Oberfläche zum Experimentieren
- Nur Plugin-Version für ADAM Headphone Utility (ja, derzeit keine eigenständige App, Leute)
- Velours-Ohrpolster sind separat erhältlich.
Aber sobald Sie den Preis sehen, werden Sie erleichtert sein.
Der offizielle Verkaufspreis des H200 beträgt nur 149 $ und ist damit satte 300 $ günstiger als der des SP-5.
Wenn Sie zu den Leuten gehören, die nur das Beste vom Besten wollen, dann greifen Sie ruhig zu und gönnen Sie sich den Genelec 8550A oder kombinieren Sie einen AKG K872 mit einem SoundID-Kalibrierungs-Setup. Wir wollen hier nichts verurteilen.
Aber die Wahrheit ist: Der H200 will nicht der absolute Hammer unter den Kopfhörern sein. Seine wahre Magie liegt in seiner Zugänglichkeit. Dies ist der günstigste „Soft-/Hardware-integrierte“ Monitoring-Kopfhörer für viele finanzschwache Musiker und Audiophile.

 
           
                   
                   
                   
                   
              

 
              

 
              

 
              

 
              

 
              

 
              

